PROJEKTREPORTAGE

Futurium, Berlin

Zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und einem Bürohaus, im Süden die Spree, im Norden die Bahntrasse, sitzt das Futurium.

Ein Haus für die Zukunft – das „Futurium“ in Berlin

  • Autorin: Christina Gräwe
  • Fotos: Schnepp Renou, Dacian Groza

Zukunftsbühne, Zukunftsmuseum, Zukunftslabor und Zukunftsforum. So stellt sich das „Futurium“ in Berlin vor. Die Idee stammte ursprünglich vom Bundesamt für Bildung und Forschung, das wiederum die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Grundstückseigentümerin und Bauherrin mit der Realisierung beauftragte. Dem Gewinnerentwurf von Richter Musikowski ging 2011 ein Wettbewerb mit 163 Teilnehmern voraus. Die Schlüsselübergabe erfolgte im September 2017, Anfang 2019 beginnt der offizielle Betrieb.

Im Schwarzplan sieht es aus, als habe sich ein überdimensionaler Diamant verlaufen: Zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und einem Bürohaus, im Süden die Spree, im Norden die Bahntrasse, schiebt sich ein Fünfeck, das aus dem Rastereinerlei der Nachbarschaft in mehrfacher Hinsicht heraussticht.

Das „Haus der Zukunft“ – so hieß es anfangs, zum Richtfest 2016 wurde es klangvoll in „Futurium“ umgetauft – erregt mit einer changierenden Hülle Aufmerksamkeit. Hervorgerufen wird dieser Effekt durch rund 8000 keramisch bedruckte Gussglas- und gefaltete Metallreflektoren, die das Haus mit einem Netz aus rautenförmigen Einzelteilen überziehen, die Körperhaftigkeit unterstreichen und der Fassade Tiefe geben. Erprobt wurde die Wirkung, die prägnant, aber keinesfalls aufgeregt ausfallen sollte, an unzähligen Mock-ups. Ein weiterer Unterschied ist, dass der Bau nicht bis an die Grundstücksgrenze ragt, sondern sich und der Öffentlichkeit Raum gibt: Im Norden und Süden liegen Plätze mit  Aufenthaltsqualität, eine Rarität auf dem Areal rund um den Hauptbahnhof.

Lageplan des Futuriums, mitten in Berlin.

Zu den beiden Vorplätzen öffnet sich das Haus mit immensen Panoramafenstern. Außerdem kragt das Obergeschoss um elf beziehungsweise 18 Meter aus, sodass auf beiden Seiten eine geschützte Übergangszone entsteht, bevor die Besucher das Gebäude – barrierefrei, wie das ganze Haus – betreten. Es gibt keine Rückseite; Richter Musikowski wollten damit gleichermaßen zum Wasser wie zur Europacity eine einladende Geste machen. Die Aufgabe war, flexible Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen auf rund 7000 Quadratmetern zu konstruieren und zugleich gestalterisch, energetisch und technisch dem Vorbildgedanken des Bundes zu entsprechen. Ein konkretes Ausstellungs- und Veranstaltungskonzept hingegen gab es nicht, sollten die Planer auch nicht selbst entwickeln. Das bedeutete einerseits Freiheit, andererseits trieb sie ständig die Frage um: „Treffen wir mit unserem Gefäß die Erwartungen der Betreiber?“

Zu den beiden Vorplätzen öffnet sich das Haus mit großen Panoramafenstern.

Dieses Gefäß teilten die Architekten in drei Bereiche, wobei dem markanten Fünfeck in allen Etagen ein funktionales Viereck eingeschrieben ist. Aber auch die Restflächen ergeben keine unnützen Zwickel, sondern durch die stumpfen Winkel gut nutzbare Räume. Das durchgängige, öffentliche Foyer im Erdgeschoss dient als Forum, wo sich die Besucher begegnen. Außerdem sind hier noch ein teilbarer Konferenzsaal mit Außenbezug und ein Café angesiedelt. Das Grün der Garderoben und des Museumsshops bringt Frische in den ansonsten schwarzweißen Raum. Kräftigere Farben wie Türkis und Pink finden sich in den Nebentreppenhäusern; die WCs sind in Farbpaaren gefliest, die das Rautenmuster der Fassade aufnehmen. Im ganzen Haus sind in den mehrschichtigen Decken große Teile der anspruchsvollen Technik untergebracht.

Zoniert wird das Foyer im Erdgeschoss durch die zentrale Besuchertreppe.

Im Erdgeschoss zieht sich ein zartes Gitter aus gezackten, gelochten und rechtwinklig
ineinandergesteckten Alustreifen über die gesamte Fläche. Die Beleuchtung liegt darüber und kann ganz unterschiedlich gesteuert werden. Zoniert wird das Forum durch den Besucheraufzug und das Treppenhaus. Beides ist auffallend großzügig und hell; der Auf- bzw. Abstieg in die Ausstellungsbereiche sollte in Szene gesetzt werden. Im Gegensatz dazu tauchen die Besucher im Untergeschoss in eine dunkle Welt mit anthrazitfarbenen Betonwänden und Gussasphaltboden ein.

Erdgeschossgrundriss des Futuriums, das öffentliche Forum ist ablesbar.

„Cave“ lautete der Spitzname dieses Bereichs. Beklemmungsgefühle muss jedoch niemand fürchten:
Für Abwechslung sorgt das „Futurium Lab“, der Experimentier- und Mitmachbereich. Quadratische Lampenschirme sorgen für die Grund- und auch gezielte Spot-Beleuchtung. Die Ausstellungsfläche im Obergeschoss erhielt den luftigen Arbeitstitel „Cloud“. Ursprünglich sollten zwölf Einzelkojen entstehen. Jetzt werden die 3000 Quadratmeter für drei „Denkräume“ durch die flügelartige Dachkontur, die sich an der Decke abzeichnet, zwei brückenartige Galerien und eine elegante Wendeltreppe räumlich unterteilt, spannen sich darunter aber ungehindert zwischen den Panoramafenstern auf. Beim Blick durch diese Schaufenster versteht man die Architekten, wenn sie von „Bühne zur Stadt“ sprechen: Tatsächlich fühlt man sich zugleich als Darsteller wie auch Beobachter. Die Lasten der getönten Scheiben hängen an Stahllamellen; das machte die weiten Auskragungen möglich. Stabilität erhielt das Haus erst durch das Dach, das über den Fenstern auf knapp 30 Meter langen Stahlträgern aufsitzt.

Im Erdgeschoss befindet sich der Veranstaltungssaal mit Außenbezug, er lässt sich durch mobile Trennwände. flexibel unterteilen

Noch eine vierte Ebene hat das Haus zu bieten, die ursprünglich gar nicht als Teil des Rundgangs vorgesehen war: Der Wartungssteg auf dem Dach wurde zum Skywalk ausgebaut, der die Besucher an Feldern mit Energiekollektoren entlangführt. Das „Futurium“ wartet außerdem mit einer energetischen Raffinesse auf: Als Zwischenspeicher für die internen und solaren Gewinne dient ein Schacht neben dem Aufzug, der mit der Kombination aus Wasser und Paraffinkapseln bis zu achtmal mehr Energie als ein üblicher Wasserspeicher aufnehmen und je nach Kühl- oder Heizbedarf über einen Wasserkreislauf abgeben kann. Das Innenleben des Speichers lässt sich an wechselnd leuchtenden Minibullaugen ablesen, die der gläsernen Verkleidung des Schachts ihr Punktmuster verleihen. Dieses System hat es in einem öffentlichen Bau noch nicht gegeben. Das Haus, das die Zukunft verhandelt, schaut auch selbst dorthin.

Die Waschtischarmatur GROHE Eurosmart CT und die WC- Betätigungsplatte GROHE Skate Cosmopolitan stehen für hohe Effizienz und langlebige Qualität.

Architekten

Richter Musikowski
Ritterstraße 2
10969 Berlin
www.richtermusikowski.com

Christoph Richter und Jan Musikowski gründeten Richter Musikowski Architekten 2012 im Zuge des Wettbewerbsgewinns zum Projekt „Futurium“ in Berlin. Kennengelernt haben sie sich bei ihrer gemeinsamen Arbeit an der Technischen Universität in Dresden. Jan Musikowski, 1974 geboren und in Magdeburg aufgewachsen, studierte an der Bauhausuniversität Weimar Architektur und sammelte Berufserfahrung u.a. als Projektleiter bei AFF Architekten und HG Merz. Christoph Richter, 1982 geboren und in Dresden aufgewachsen, fand über das Zeichnen zur Architektur. Nach seinem Diplom 2010 an der TU Dresden arbeitete er anschließend als wissenschaftlicher Assistent an
seiner Heimatuniversität.

Projekte (Auswahl)

in Planung Feuerwehrgerätehaus, Radebeul
2017 Futurium, Berlin

Produktinformationen

Die Waschtischarmatur GROHE Eurosmart CT und die WC- Betätigungsplatte GROHE Skate Cosmopolitan stehen für hohe Effizienz und langlebige Qualität.

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